Erwerb von Waffen: Ein Leitfaden für Sportschützen und SammlerGepostet am: 11.05.2020

Wir werden regelmässig mit der Frage konfrontiert, wie im verschärften Waffenrecht der Erwerb von neuerdings verbotenen Waffen geregelt ist. Wichtig zu wissen: Als Erwerb gelten in diesem Zusammenhang Kauf, Leihe, Erbe, Tausch und Schenkung.

Im Folgenden beleuchten wir die Bedingungen für den Erwerb mittels erleichterter Ausnahmebewilligung, umgangssprachlich «kleine Ausnahmebewilligung» genannt.

Den Leitfaden als PDF herunterladen

Definition

Welche Waffen seit dem 15.08.2019 verboten sind und einer Ausnahmebewilligung bedürfen, geht aus dem Waffengesetz hervor. Für diesen Leitfaden relevant sind:

  • Halbautomatische Gewehre (im Gesetz «Handfeuerwaffen»), mit Magazinen über 10 Schuss
  • Pistolen (im Gesetz «Faustfeuerwaffen»), mit Magazinen über 20 Schuss
  • Zu Halbautomaten umgebaute Seriefeuerwaffen, ungeachtet der Magazingrösse

Vom Verbot erfasst sind ausschliesslich Waffen für Zentralfeuerpatronen; Kleinkaliberwaffen (welche Randfeuerpatronen verschiessen) sind davon ausgenommen.

Magazine

Speziell erwähnenswert ist die Anknüpfung des Verbots an die Magazingrösse: Wird eine Waffe mit einem grossen Magazin (im Gesetz «Ladevorrichtung mit hoher Kapazität») erworben, fällt sie unweigerlich unter das Verbot. Im Umkehrschluss bedeutet dies: Für den Erwerb einer Waffe mit einem kleinen – oder gar keinem – Magazin, ist keine Ausnahmebewilligung erforderlich, sondern lediglich ein Waffenerwerbsschein (WES). Derart erworbene Waffen dürfen aber fortan nur mit kleinen Magazinen ausgerüstet werden. Unter «Ausrüsten» fallen sowohl das Schiessen, als auch der Transport und die Aufbewahrung. Wer also plant, seine Waffe mit einem grossen Magazin zu verwenden, muss sie mittels Ausnahmebewilligung erwerben.

Altrechtlich – also mit einem vor dem 15.08.2019 ausgestellten WES – erworbene Waffen dürfen weiterhin mit grossen Magazinen ausgerüstet werden. Sie fallen unter den Bestandsschutz.

Um ein Magazin für diese Waffen zu erwerben, ist lediglich eine Besitzbestätigung notwendig, welche die Polizei nach Meldung der betreffenden Waffe kostenlos ausstellt. Bei Armeewaffen genügt das Dienstbüchlein.

Ordonnanzwaffen

Wer neu ein Sturmgewehr 57 oder 90 erwirbt, benötigt in jedem Fall – ungeachtet der Magazingrösse – eine kleine Ausnahmebewilligung, handelt es sich doch um einen ehemaligen Vollautomaten. Die bisherige Ausnahme für Ordonnanzwaffen wurde aufgehoben und alle umgebauten Seriefeuerwaffen werden nunmehr gleichbehandelt. Einzige Ausnahme: Die eigene Dienstwaffe («persönliche Waffe») kann nach wie vor mit Waffenerwerbsschein erworben werden. Dies gilt aber nur bei einer Übernahme direkt von der Armee.

Vorgehen beim Erwerb

Wer eine kleine Ausnahmebewilligung beantragen will, muss sich als erstes für die Einstufung als Sportschütze oder Sammler entscheiden. Jede dieser Varianten ist an besondere Erwerbsvoraussetzungen bzw. Nachweise geknüpft, auf die wir nachfolgend eingehen.

«Variante Sportschütze»

Sportschützen und Sportschützinnen stehen folgende Möglichkeiten offen, um den erforderlichen Nachweis zu erbringen:

Per Mitgliedschaft in einem Schiessverein. Hierfür genügt der Beweis einer Vereinsmitgliedschaft oder die Schiesslizenz eines Verbandes. Der Schiessverein muss nicht für das ausserdienstliche Schiessen anerkannt sein. Demnach genügt ein privater Schiessclub, der nachweislich Schiessübungen durchführt.

oder:

Durch den Nachweis der regelmässigen Nutzung der Waffe für das sportliche Schiessen. Die Bestätigung über die Schiesstätigkeit erfolgt wahlweise durch einen Verein oder einen kommerziellen Anbieter. Für diesen Nachweis sind nach spätestens 5 Jahren nach Erteilung der Ausnahmebewilligung 5 Schiessen erforderlich. Nach weiteren 5 Jahren sind erneut 5 Schiessen nachzuweisen. Diese Schiessen müssen an verschiedenen Tagen erbracht werden.

Um diese insgesamt 10 Schiessen zu erbringen, empfehlen wir die Teilnahme an den Bundesübungen «Feldschiessen» und «Obligatorisches Programm», welche mit einer Ordonnanzwaffe absolviert werden können. Dadurch wird der erforderliche Nachweis erlangt und gleichzeitig die Schiesstradition unseres Landes gepflegt.

Zusammengefasst sieht die «Variante Sportschütze» demnach zwei Möglichkeiten für den erforderlichen Nachweis vor. Beide haben folgende Fristen gemeinsam: 5 und 10 Jahre nach dem Erwerb der Waffe muss entweder ein Schiess- oder ein Vereinsnachweis erbracht werden. Dies gilt nur für den ersten Erwerb einer neu verbotenen Waffe und muss nicht etwa pro Waffe erfolgen. Mit anderen Worten: Hat ein Sportschütze einmal seinen Nachweis erbracht, so gilt dieser für ihn ein Leben lang. Für später gekaufte Waffen muss kein Nachweis mehr erbracht werden. Auch muss der Nachweis nicht zwingend mit der neu erworbenen Waffe erbracht werden. Er kann durchaus mit einer anderen Waffe erfolgen.

«Variante Sammler»

Sammlerinnen und Sammler müssen ihrem Gesuch für eine kleine Ausnahmebewilligung folgende Nachweise beilegen:

  1. Sicherheitskonzept. Darin muss nachgewiesen werden, wie die Waffe sicher aufbewahrt wird. Es ist Sache der Kantone, wie sie die sichere Aufbewahrung genau definieren. Dies führt in der Praxis zu unterschiedlich strengen Vorschriften. Selbstverständlich gilt der Grundsatz, dass sämtliche Waffen vor dem Zugriff unberechtigter Dritter geschützt werden müssen. Oftmals bedingt ein Sicherheitskonzept für verbotene Waffen zudem die separate Aufbewahrung des Verschlusses und allenfalls sogar die Anschaffung eines Tresors.
  1. Ein Verzeichnis der verbotenen Waffen. Das Waffengesetz schreibt vor, dass der Sammler das Verzeichnis seiner Waffen stets aktuell halten muss. Die Waffenverordnung präzisiert, dass es mit jedem neuen Gesuch erneut einzureichen ist. Jedoch ist die rechtliche Grundlage für diesen administrativen Mehraufwand zweifelhaft und wird kantonal unterschiedlich angewendet. Unbestritten ist, dass das Verzeichnis keiner bestimmten Form unterliegt. Es muss aber der Polizei auf Verlangen vorgewiesen werden.

Fazit

Sammler müssen die erforderlichen Nachweise zum Zeitpunkt des Gesuches vorweisen. Zudem müssen sie allfällige zusätzliche Anschaffungen, wie z. B. einen Tresor, einplanen. Im Gegensatz dazu müssen Sportschützen ihren Nachweis nachträglich erbringen und selber um die fristgerechte Meldung besorgt sein.

Auf welche Variante die Wahl fallen sollte, ist von einer individuellen Einschätzung abhängig; eine pauschale Empfehlung ist nicht möglich. Eine genaue Abgrenzung der persönlichen Erwerbsmotivation ist aber auch nicht nötig, denn ein Sammler darf mit seinen Waffen schiessen und ein Sportschütze kann auch ein Sammelinteresse verfolgen.

Abschliessend weisen wir darauf hin, dass sowohl Sammler als auch Sportschützen mit spontanen Kontrollen rechnen müssen, welche vom Gesetz ausdrücklich vorgesehen sind. Mit welcher Regelmässigkeit die Polizei solche Kontrollen durchführt, hängt aber von mehreren Faktoren ab und dürfte je nach Kanton sehr unterschiedlich sein.

Die entsprechenden Gesuchsformulare sind bei der zuständigen Kantonspolizei oder auf der Internetseite des fedpol erhältlich:

 

Kontakt für Fragen:

sekretariat@protell.ch

031 312 19 78       

                                                                          

Rechtsdienst PROTELL (AO), Mai 2020